Casanova steht vor dem Markusdom und blickt sich verwundert um. Wie sieht es denn hier aus? Und warum sehen alle so seltsam aus, fast, als kämen sie vom Mond? Ist etwa Karneval?
Er mag kaum eine der merkwürdigen Gestalten ansprechen. Aber halt, da, der Mann auf dem Pferd sieht zumindest halbwegs normal aus…
“Haltet ein, Reiter! Ich möchte Euch etwas fragen!” “Was möchtet Ihr wissen,Signore?” antwortet der Reiter. “Was ist mit Venedig passiert? Wieso steht die Hagia Sofia neben dem Markusdom? Und was ist das für ein merkwürdiges Gebäude daneben? Und warum sehen alle so komisch aus”
“Oh, dies ist das Venedig der Zukunft” kommt die Antwort. “Der Besitzer der Stadt hat wenig Platz. Daher musste er die Hagia direkt neben den Markus stellen. Und das daneben ist die Arche. Die ist unheimlich wichtig, die muss man haben. Am besten auf 80 oder höher.”
Casanova ist verwirrt. Auch wenn die Bibel nicht seine bevorzugte Lektüre ist hatte er sich die Arche doch ganz anders vorgestellt. Und die Hagia?
“Edler Herr, verzeiht, aber die Hagia gehoert doch nach Konstantinopel? Gleich werdet Ihr mir auch noch sagen, dass dort hinten die Pyramiden stehen!” “Nein, die Pyramiden nicht. Aber wir hatten das Orakel von Delfi. Wurde aber wieder abgerissen, lohnt nicht. Hat nach dem Orakel Debakel auch keinen guten Ruf mehr. Das Colosseum hat der Besitzer der Stadt zum Glück von Anfang an nicht gebaut, ist Platzverschwendung.”
“Wo sind all unsere Kanäle hin?” “Kanäle wird es erst wieder in der ozeanischen Zukunft geben. Venedig wurde trocken gelegt. Ganz trocken ging nicht. Aber das macht nichts, so können wir gut Reis anbauen auf unseren Terassenfeldern. Das bringt ordentlich was ein, 5 FP für eine Tagesernte.” “FP?” fragt Casanova. “Ja, das ist unsere Währung. Davon kann man nie genug haben!”
“Aber wofür den Reis?” wundert sich Casanova. “Da stellt Ihr eine gute Frage. Eigentlich würden unsere Nahrungsmittel-Druckereien völlig ausreichen. Aber so in paar Öko-Freaks wollen lieber echte Lebensmittel. Egal, bringt immerhin FP
Aber schaut, dort ist sogar noch ein Stück Kanal! Dabei hat der Besitzer lange nachgedacht, ob er die Brücke wirklich aufstellen soll, wo ihm doch das letzte Upgrade fehlt.”
Casanova weiss langsam wirklich nicht mehr was er noch sagen soll.
“Verzeiht, Signore, in meiner Verwirrung vergass ich mich vorzustellen. Mein Name ist Casanova. Mit wem habe ich die Ehre?”
“Das wisst Ihr nicht? Ich bin Napoleon, Kaiser der Franzosen! Mich kennt jeder!” spricht er, gibt seine Schimmel beleidigt die Sporen und galoppiert davon. Bis ans Ende der Strasse, wo er einfach verschwindet. Jetzt wird Casanova wirklich mulmig. Wird er gleich auch verschwinden? Ans Ende dieser Strasse will er ganz sicher nicht. Vielleicht sollte er lieber auf der kleinen Piazza im Cafe einkehren, neben dem hübschen Brunnen? So wie die Dame,die dort gerade auf ihrer Sänfte hingetragen wird? Aber, das ist ja Kleopatra! Casanova wird schwarz vor Augen….
Es ist finstere Nacht. Casanova schreckt hoch. Der Mondschein ist schwach wahrzunehmen durch die schweren Vorhänge und leise dringt von draussen das Plätschern der Lagune in sein Schlafgemach. Seine Gefährtin beginnt sich zu regen “Was ist mit Dir, Casanova?” “Oh, es ist nichts, meine Suesse. Der Wein gestern war wohl schlecht. Ich hatte nur einen sehr merkwürdigen Alptraum.”
Thea 1894
MtKillmore